Prof. Dr. Andrea Raab - Coaching für Marketing und Dienstleistungsmanagement
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COACHINGBEISPIEL

Verbesserung der Kundenkommunikation am Beispiel der Arzt-Patienten-Kommunikation in Krankenhäusern, letzlich ein Paradigmenwechsel weg von der rein medizinisch-technokratisch orientierten Behandlung hin zum Aufbau einer Beziehung von Mensch zu Mensch.

Ausgangssituation:

Die Krankenhäuser in Deutschland stehen heute vor der großen Herausforderung, die subjektiven Bedürfnisse des Patienten mit den vorhandenen medizinischen wie auch pflegerischen Ressourcen weitgehend zu befriedigen. Dies ist insbesondere aus zwei Gründen schwierig:

  1. Der stationäre Dienstleister muss sich an allen kundenseitigen Schnittstellen als Dienstleister verstehen und den Dienstleistungsgedanken leben. Dazu gehört die Bereitschaft und Offenheit, zu erfahren und permanent zu erfragen, was der Patient erwartet.
  2. Patientenzufriedenheit reicht heute nicht mehr aus, um im Wettbewerb langfristig bestehen zu können. Der Patient muss regelrecht überzeugt sein vom Angebot bzw. Service oder Wertvorschlag der Klinik und aktiviert werden, sich mit zu engagieren: Dazu gehört Überzeugungs- aber auch Motivationsarbeit, den Patienten immer wieder zum eigenverantwortlichen Handeln in Bezug auf seine Gesundheit zu bewegen, ihn geradezu für sein Thema und den gemeinsamen Fortschritt in Bezug auf seine Gesundheit (also die gemeinsame „Wertkreation“) zu gewinnen, ja regelrecht zu begeistern. Nur dadurch kann der Patient wirklich an das Haus gebunden bzw. im besten Fall sogar als Markenbotschafter gewonnen werden.

Vorgehensweise:

Im Rahmen von Kommunikationsworkshops für eine positive Arzt-Patienten-Kommunikation wurde in mehreren Kliniken auf Basis der individuellen Belange ein Leitfaden für eine patientenorientierte Kommunikation definiert, mit Ärzten diskutiert und in Simulationsgesprächen zu Schulungszwecken angewendet. 

Coachingergebnis:

Im Folgenden ist ein Auszug eines generisches Grundgerüsts der individuellen Leitfäden in Form von zwei Tabellen abgebildet.

Tab. 1 gibt einen Überblick über falsches und richtiges Verhalten gegenüber Patienten, welches mit Beispielterminologien bzw. Tipps hinterlegt wurde:

Erfolgsfaktor

Falsch

Richtig

Beispielterminologie / Tipp

Empathie

Unkenntnis über die Ausnahmesituation des Patienten

Zeigen von Respekt für den Krankheitszustand und Erholungsbedarf des Patienten; Aufbau und Aufrechterhalten einer Beziehung/Partnerschaft

„Ich finde es ganz schön schwierig, diesen Eingriff gut zu erklären. Ich hoffe, dass mir das jetzt gut gelingen wird. Sie würden mir helfen, wenn Sie mir ab und zu mal sagen könnten, was Sie von meinen Erklärungen verstehen konnten. Wenn das dann nicht so ganz stimmt, muss ich versuchen, es besser zu erklären.“ 

Wissen über die individuelle Patientensituation

Selbstdarstellung, oberflächliches Interesse, spürbarer Zeitmangel

Zuhören und Zeigen von Interesse für das individuelle Schicksal

Behutsamer und respektvoller Umgang mit dem Patienten in SEINER Extremsituation

„Was würden Sie jetzt machen, wenn Sie nicht hier wären?“

„Was machen Sie beruflich?“, „Haben Sie Kinder/Familie?", Was machen Sie gerne mit Ihrer Familie?“

Adäquate Vermittlung medizinischer Sachverhalte

„Technokratische“ Sprache, zu viele Fremdwörter ("Fachchinesisch")

Klare Aussagen in deutscher Sprache und kurze Sätze

„Die Endoskopie ist die innere Ausleuchtung von Hohlorganen und Körperhöhlen mithilfe eines schlauchförmigen Instruments. Dieses ist vorne mit einer Bildübertragung ausgestattet. Wir wollen uns genau ansehen, was Ihnen da Probleme bereitet.“

Verständnis und Mitgefühl

Belehrungen, lange Monologe

Übermittlung von Verständnis und Mitgefühl

„Ich verstehe Sie!“

„Letztes Mal hatten Sie starke Schmerzen. Bei diesem Eingriff erhalten Sie zusätzlich eine Regionalanästhesie, damit es diesmal für Sie angenehmer ist.“ 

Ehrlichkeit

Unwahrheiten, Verneinungen, Verkleinerungen, Fehlinformationen, falsche Versprechungen

Realitätsnahe Aussagen: Eine Vertrauensbeziehung beruht auf (gegenseitiger) Ehrlichkeit

„Die Allgemeinrisiken des Eingriffs bestehen in Nachblutungen, Infektionen, Schwellungen, Verletzung von Gefäßen. Trotz äußerster Sorgfalt lassen sich diese Risiken nicht vollständig ausschließen. Aber hier ist ein ganzes Team an Ärzten und Pflegekräften, das sich während der gesamten Zeit nur um Sie kümmern wird.“ 

Positive Wortwahl

Einsatz von Negativsuggestionen

Einsatz von Positivsuggestionen, Anregung innerer Bilder

„Wo waren Sie in Ihrem letzten schönen Urlaub?“

Körpersprache

Erwecken des Eindrucks einer „ausweichenden“ oder gar dem Arzt unangenehmen Kommunikation

Blickkontakt und gezielte Mimik und Gestik

z.B. ein freundliches Lächeln, das Legen der Hand auf die Schulter/den Arm des Patienten, lange Blicke, in die Augen sehen

Tab. 1 Erfolgsfaktoren in der Patientenkommunikation und „richtiges“ bzw. „falsches“ Verhalten gegenüber Patienten; Quellen: Hansen und Bejenke 2010 [13], vgl. Langewitz 2015 [24], vgl. Seemann et al. 2015 [38]


Es empfiehlt sich, im Vorfeld für immer wieder eintretende Patientensituationen (z.B. lange Wartezeiten) und schwierige Patientenaussagen (z.B. Fragen zum Krankheitsverlauf) eine adäquate Antwort zu überlegen. Die folgende Tabelle (Tab. 2), die wiederum generalisiert wurde,  mit „schwierigen“ und „passenden“ Formulierungen kann unterstützend herangezogen werden:

Diese Worte/Sätze sollten vermieden werden

Diese Worte/Sätze können verwendet werden

„Bei 5 von 100 Patienten kommt es zu Nebenwirkungen.“ 

„95 von 100 Patienten vertragen die Methode sehr gut.“ 

„Sie MÜSSEN mit Nachblutungen, Schmerzen, Schwellung rechnen.“ 

„Es KÖNNEN Nachblutungen auftreten; Dies kann aus folgendem Grund […] passieren und ist bei diesem für Sie notwendigen Eingriff nicht immer zu vermeiden. In diesem Fall wenden Sie sich bitte sofort wieder an uns, wir kümmern uns gemeinsam darum. So fit wie ich Sie im Moment einschätze, werden Sie aber aller Voraussicht nach schnell genesen.“

„Ich bin Ihr Narkosearzt, ich lege Sie jetzt schlafen.“

„Ich bin Dr. …, Ihr Anästhesist. Wir sind ein ganzes Team, das sich jetzt um Ihre Sicherheit und Ihr Wohlbefinden kümmert.“ 

„Sie werden durch das Propofol nun einen Venenschmerz spüren. Es wird gleich ein bisschen brennen.“ 

„Sie bekommen jetzt ein Medikament, das Ihnen einen erholsamen Schlaf ermöglicht. Manchmal kann man es im Arm spüren, das wäre ganz normal, geht gleich wieder vorbei und sagt Ihnen nur: Jetzt ist es Zeit für den Liegestuhl.“ 

„Da werden Sie noch eine ganze Weile daran zu knabbern haben.“ 

„Sie haben die Behandlung gut überstanden, die Heilung hat bereits begonnen.“

"Konzentrieren Sie sich jetzt bitte – das ist der schlimmste Teil der ganzen Prozedur.“ 

„Mit jedem tiefen Atemzug können Sie den Sauerstoff und alles, was Ihnen jetzt guttut, aufnehmen – und mit jedem Ausatmen können Sie die ganze verbrauchte Luft und alles, was Sie stört und was Sie jetzt nicht brauchen können, loswerden.“ 

„Das sieht ja furchtbar aus, das müssen wir unbedingt fotografieren!“

„Der Heilungsverlauf sieht den Umständen entsprechend gut aus. Darf ich das fotografieren für meine Studenten?“

„Wir haben das schon tausendmal gemacht, verlassen Sie sich ganz auf uns.“

„Wir achten auf Sie, bis Sie die Operation gut überstanden haben.“ 

„So, wir kommen jetzt zur Sache. Sie müssen sich jetzt bitte so hinlegen, dass wir gut den Zugang legen können. Sie spüren jetzt nur einen kurzen heftigen Stich.“

„Ist es angenehmer mit dem Arm auf der Seite oder über dem Bauch? Ich erkläre Ihnen dann in aller Ruhe die nächsten Schritte.“

„Wenn Ihnen übel ist, können Sie sich ja rühren.“ 

„Und wenn die Behandlung vorbei ist, dann können Sie schnell genesen. Falls Sie bis dahin etwas brauchen, melden Sie sich bitte jederzeit.“

„Versuchen Sie, die Medikamente regelmäßig einzunehmen.“ 

„Indem Sie für die Regelmäßigkeit der Medikamenteneinnahme sorgen, können Sie Ihren Teil dazu beitragen schneller gesund zu werden. Zusammen schaffen wir das.“

„So schlimm wird es gar nicht, Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen.“ 

„Gemeinsam schaffen wir das, ich bin für Sie und Ihre Fragen jederzeit da.“

„Sie bekommen jetzt pures Gift.“

„Sie erhalten jetzt hoch wirksame Medikamente.“

Tab. 2 „Schwierige“ und „passende“ Formulierungen für die Patientenkommunikation; Quellen: vgl. Hansen und Bejenke 2010 [13], vgl. Hansen und Hansen 2011 [14], vgl. Kaltwasser 2012 [22], vgl. Keller 2014 [23], vgl. Rexrodt von Fircks 2012 [34], vgl. Seemann et al. 2015 [38]

Ich freue mich über Ihre Anfrage!

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